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  • Fredi Steiner

24.10.24 Wenn wir unseres eigenen Denkens bewusst werden, erfahren wir, wie wir davon ablassen können und jenseits des Denkens gelangen, so dass wir zu einer höheren Einsicht finden.

 

Wir merken dabei, dass unser Denken nur in einer dualistischen Situation möglich ist. Dabei entstehen latent persönliche Wertungen, was zu Disharmonie führen kann und uns stets in innere Unruhe versetzt.

 

Denken bewirkt, dass wir unser Leben fragment-haftig anschauen, also bruchstückhaft und nicht als Ganzes.

 

Wir werten dadurch nur alle einzelnen Teile, sehen die Welt und das Leben nicht als Ganzes, brauchen so unsere Energie und missbrauchen unser Geist, der uns selbst latent in Abwesenheit bringt.

 

Normalerweise können wir uns und die Welt nicht als Einheit wahrnehmen, weil das so unser tägliches Leben ist und wir so geprägt und empirisch gewachsen sind. Wir lernen in der Stille mit Gedankenmustern umgehen und erfahren eine implizierte oder höhere Ordnung oder Grundlage.

 

Mit Denken sind wir mit dem Gehirn in der Zeit verfangen.

 

Nur das Wirken einer Einsicht als innere Sicht kann die Stille unseres Geistes und das Wesen unserer tiefen Natur und Weisheit offenbaren, was zu Ausgeglichenheit geistiger Ruhe führt.

 

 Einsicht ist eine Form der Erkenntnis oder ganzheitlicher Wahrnehmung und Achtsamkeit, die unabhängig vom Denken ist. Wir lernen dabei einen verborgenen Teil unseres Lebens kennen, der nicht vergänglich ist und uns stets Halt gibt.

 

Indem wir uns im Sitzen in die Stille einlassen, sind wir bereit, unsere innere Energie wirken zu lassen.

 
 

Jeder Mensch baut sich sein eigenes individuelles Leben auf, ja nach Intellekt oder Möglichkeiten. Wir suchen dabei stets einen äusserlichen Halt oder Sinn und merken nicht, dass alle neu geschaffenen Zustände vergänglich sind. Äusserlichkeiten und Materielles bleiben letztlich haltlos.

 

Wir sind auf ständiger Suche und verpassen vielleicht sogar das ganze Leben lang unser eigener, wahrer und innerer tiefe Kern, der uns Heilung und Geborgenheit gibt.

Unsere innere Grundwesenheit ist unzerstörbar, weil sie jenseits von Raum, Zeit und Form ist, sie ist einfach da.

 

Es geht im Leben nicht nur darum, etwas zu erreichen, irgendwo hinzukommen oder sich als Persönlichkeit zu positionieren, sondern wie ein Psychologieprofessor sagt: “Es geht um die Freilegung des menschlichen Grundwesens oder Herzens.“

 

Es geht darum, dass wir zu unserer Grundwesenheit finden und damit das weltliche Leben bereichern und es stabiler machen können. Diese Grundwesenheit kann nicht zerstört werden, sie ist subtiler und tiefer als Körper, Gedanken und Emotionen.

Unser Wille, die Persönlichkeit oder der Intellekt können unser Grundwesen nicht kontrollieren oder beeinflussen, wir können uns nur öffnen und sich damit tragen oder führen lassen.

 

Mit unserem Sitzen in der Stille, um sich dabei zu öffnen abseits der Gedanken, können wir unser Persönlichkeitspanzer auflösen. Diese Öffnung kann vorerst sogar zu Verletzlichkeit und danach zu unserer, innerer Stärke führen.

Dieses Öffnen ist passiv, es erfordert nur ein sich Einlassen in den Moment ohne Ansprüche oder Absichten, es ist eine seiende Qualität, die wir erst kennen lernen können.

 

In gedanklichen Nichtwissen und bewusster gedanklicher Abwesenheit, im reinen Sein, kann auf ungeahnte Weise plötzlich Weisheit und ein erweitertes Wissen offenbart werden.

 

Wenn wir den Grund in einem Teich sehen wollen, muss das Wasser ruhig und nicht verunreinigt sein.

Wenn wir in Resonanz zu unserem eigenen Grund gelangen wollen, muss unser Geist ruhig und nicht verunreinigt sein.

 

Thomas von Aquin (13. Jh., Dominikaner Mönch und Philosoph): “Die Vita Contemplativa ist ein Leben, das der inneren Stille und geistiger Erkenntnis geweiht ist, als höchste Form menschlichen Tätigseins.“

 

Im weltlichen Leben weichen wir uns und dem Sein stets aus. Der Weg zu unserer eigenen Tiefe ist lang und nicht einfach, sie ist nicht fassbar.

 
 

Beim Zazen sind Denken und Tun eins als natürlicher Zustand von Körper und Geist und ist dabei die reinste Form jenseits des Ich-bezogenen Denkens und Fühlens.

 

Denken und Tun zugleich ist nur in höchster Präsenz und unmittelbar möglich als ganz sein im Moment. Die Praxis des Zazen ist eine äusserste Form der Erkenntnis, die mit gewöhnlichem Denken und Verstand nicht erfasst werden kann.

 Um diesen Geisteszustand zu ermöglichen, hilft eine regelmässige Übung in der richtigen Körperhaltung weiter.

 Gemäss Dõgen bedeutet es, sich von Körper und Geist oder der Vorstellung von Objekt und Subjekt zu befreien.

 

Das vegetative Nervensystem (Sympatikus und Parasympatikus) steuert die autonomen Nervensysteme, die nicht von unserem Willen abhängig sind. Es steht in auch enger Wechselwirkung mit der Verfassung von Körper und Geist beim Zazen. Dabei wird das Gleichgewicht aller physischen, psychischen und geistigen Funktionen erreicht. Diese Verfassung wird “shinjin datsuraka“ genannt, als Befreiung von gewöhnlichem Bewusstsein von Körper und Geist.

 

Wir erlangen einen Zustand, der im normalen Leben nicht erreicht werden kann. Wir können im Zazen das Leben in reinster Form erfahren.

 In diesem absichtslosen Sitzen ohne Gewinn liegen der wesentliche Ursprung und das Zentrum der buddhistischen Lehre.

 Es geht um einen Schnittpunkt, wo sich das ICH als Subjekt und die Welt als Objekt unmittelbar berühren, eine Verwirklichung in jedem Augenblick im Handeln selbst.

 

Diese existierende “Soheit“ (skr. Tathata) entspricht im Buddhismus der Form einer wahren, fundamentalen Wirklichkeit, unabhängig von Wünschen, Hoffnungen, Ängsten und Erwartungen gestresster Menschen.

 

Der normale Mensch sieht die Wirklichkeit stets nur verzerrt durch die Raster seines eigenen Dankens, der Sinnesorgane und dem Ego.

 

Sitzen wir mit einer guten Haltung und bleiben bei uns mit jedem Moment neu.

 
 

©2022 ZEN Fredy Steiner

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